Öffnungszeiten: Montags - Donnerstags 10-16 Uhr, Freitags 10-14 Uhr

Projektabschluss: Flüchtlinge ins Studium

Abschlussbericht des Pilotprojekts „Flüchtlinge ins Studium“

Das Modellprojekt „Flüchtlinge ins Studium“ (FiS) wurde für den Zeitraum 01.07.15 bis 31.12.16 vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) an fünf Universitätsstandorten in Niedersachsen bewilligt. In Göttingen wurde die Bildungsgenossenschaft Südniedersachsen eG / BIGS für die Umsetzung des Pilotprojektes beauftragt.

„Das Projekt verfolgte das Ziel, die Teilnehmenden in die Lage zu versetzen, nach zehn Monaten des Intensivkurses zum WS 2016/17 ein Studium – alternativ eine Ausbildung – zu beginnen“, formulierte Dr. Natalia Hefele, Leiterin des Projektes. Die BIGS hat der regionalen Volkshochschule Göttingen-Osterode den Auftrag erteilt, den Sprachanteil von 1.000 Unterrichtsstunden durchzuführen.

Akquise der Teilnehmenden und Kurszusammensetzung

Die Akquise der Teilnehmenden für das Modellprojekt wurde von der BIGS gewährleistet – über die Anerkennungs- und Bildungsberatung und über das regionale IvAF-Projekt „FairBleib Südniedersachsen-Harz“.

Der Ablauf der Teilnehmerinnenauswahl war gekennzeichnet von persönlichen Gesprächen und der Durchführung des Einstufungstests. Von den insgesamt 40 Bewerberinnen konnten 14 Männer und 4 Frauen am Kurs teilnehmen. Sie kommen aus den Ländern Syrien, Palästina, Libanon, Kosovo, Albanien, Sudan, Libyen, Iran, Pakistan und Nepal.

„Dabei spielte der Aufenthaltstitel keine Rolle, so dass auch Menschen mit eher ungünstiger Bleibeperspektive in das Projekt aufgenommen (Kosovo, Albanien) wurden. Die Teilnehmenden kamen aus Bad Grund, Göttingen, Northeim und Osterode-Schwiegershausen“, so die BIGS- Mitarbeiterin Christine Müller, die im Projekt die sozial-pädagogische Begleitung gewährleistete.

Verlauf des Sprachkurses

Vom 21.09.2015 bis zum 27.07.2016 lernten 18 Teilnehmer intensiv Deutsch, 10 erreichten erfolgreich das Sprachniveau C1 (kompetente Sprachanwendung nach dem Europäischen Referenzrahmen), drei – B2 (selbstständige Sprachanwendung n. d. E. R.). Fünf weitere Teilnehmer haben im Laufe der Zeit den Kurs aus verschiedenen Gründen verlassen. Der Unterricht fand am Vormittag statt, so dass die Teilnehmenden die Gelegenheit hatten, an den Nachmittagen als Gasthörende in der Universität Göttingen Vorlesungen zu besuchen. Insgesamt haben 11 Teilnehmende die Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang (DSH) absolviert.

8 Teilnehmer wollen sich an den regionalen Hochschulen zum Wintersemester 2016/2017 einschreiben: 1 Person an der Universität Clausthal-Zellerfeld (Master in Informatik); 5 Personen an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen (Architektur, Bau- und Holzingenieure); 1 Person an der Universität Göttingen (Zahnmedizin) und 1 Person an der Privaten Hochschule Göttingen (BWL). Eine Person beginnt am 01.10.2016 mit der Ausbildung zum Medizinisch Technischen Assistenten in Göttingen und eine weitere Person hat am 04.08.16 ein Berufsorientierungsjahr bei der BBS II angefangen.

„Der Schlüsselfaktor für die erfolgreiche Projektumsetzung ist die von der BIGS konzipierte und umgesetzte, engmaschige pädagogische Betreuung der Teilnehmenden“, betont Natalia Hefele.

„Bei allen Teilnehmenden habe ich bis Ende des Jahres 2015 geprüft, welche Unterlagen für ihr gewünschtes Studium bereits vorhanden sind. Dazu zählten die Schulzeugnisse, Studiennachweise sowie Bachelor Abschlüsse. Auch die Beschaffung der fehlenden Unterlagen aus den Herkunftsländern haben wir angeschoben. Die Beantragung der Kostenübernahmen für die Übersetzungen bei der Bundesagentur für Arbeit oder beim Jobcenter (je nach Leistungsbezug) lief ebenfalls über uns. Zudem habe ich mit allen Teilnehmenden die Lebensläufe erstellt bzw. aktualisiert“, beschreibt Christine Müller ihre Aufgaben. Sie besuchte den Kurs einmal pro Woche, um mit den Teilnehmenden den aktuellen Stand ihrer Laufbahnplanung, sowie Probleme und Schwierigkeiten im Sprachkurs und bei der Studien- oder Ausbildungsplanung zu besprechen und gegebenenfalls Hilfestellungen anzubieten. Zu den Unterstützungen gehörten auch die Hilfe bei Behördengängen, Begleitung zu Arztterminen oder Hilfestellung bei Lernschwierigkeiten.

Alle zwei bis drei Monate führten Natalia Hefele und Christine Müller mit allen Teilnehmenden Einzelgespräche durch. Hier wurden ihre sprachlichen Fortschritte besprochen, sowie Studien- bzw. Ausbildungswünsche und Profile präzisiert, um die nächsten zu gehenden Schritte für eine Studien- bzw. Ausbildungsaufnahme zu klären. Dazu gehörten die Weiterleitung in die örtliche Studienberatung, gegebenenfalls mit Begleitung durch die sozialpädagogische Kraft, die Ermittlung von überregionalen Studienorten sowie die Kontaktaufnahme zu den jeweiligen Beratungsstellen.

Mit den Teilnehmenden, die sich für eine Ausbildung entschieden haben, wurde ein Berufswegeplan erstellt, mit dem sie ihr Ziel erreichen können.

Vernetzung regionaler Akteure

Um den Teilnehmenden zu ermöglichen, Studiermöglichkeiten vor Ort kennen zu lernen und sie bei der Orientierung zu unterstützen, initiierte die BIGS die Vernetzung mehrerer regionaler Akteure: Vertreter der Universität Göttingen, PFH, HAWK, Garantiefonds Hochschule, VHS . Im Zuge von drei Vernetzungstreffen wurden flankierende Angebote wie Gasthörerschaft, Studienberatungen und Kennenlernen der Hochschulen thematisiert und Meilensteine der Zusammenarbeit festgelegt. Weitere Schritte, wie die Unterstützung der einzelnen Personen seitens der Hochschulen im Anmeldeverfahren, Durchführung der DSH, wurden gemeinsam geplant.

„Als Resultat guter Zusammenarbeit konnten die FiS-Teilnehmer vorzeitig immatrikuliert werden und durften ihre Sprachzertifikate zu einem späteren Zeitpunkt nachreichen“, lobte Natalia Hefele die gut funktionierende Kooperation mit den regionalen Hochschulen.

Fazit

Insgesamt lässt sich feststellen, dass für die erfolgreiche Umsetzung des Pilotprojektes verschiedene Faktoren ausschlaggebend sind. „Für die individuelle Betreuung muss mit Rücksicht auf Fluchterfahrungen und private Problemlagen reagiert werden. Dafür ist die situativ intensive sozialpädagogische Begleitung – in Kombination mit einer Anschlussperspektive für jeden Teilnehmenden – unerlässlich“, resümiert Christine Müller. Als weiterer Faktor ist die finanzielle Ausstattung des Projektes hervorzuheben, um z.B. Fahrtkosten für der Teilnehmer aus dem ländlichen Raum übernehmen zu können. Abschließend sind sich Natalia Hefele und Christine Müller einig, dass es zum Vorteil des Lernerfolgs wäre, keine homogene sondern eine gemischte Gruppe (nicht nur Geflüchtete unter sich) zu bilden.

Im Sommer 2016 wurde vom MWK die neue Richtlinie „Intensiv Deutschkurs für hochqualifizierte Flüchtlinge“ als Fortsetzung des Pilotprojektes verabschiedet. Danach sind zukünftig für die Antragstellung nur die nach dem Niedersächsischem Erwachsenenbildungsgesetz (NEBG) geförderten Einrichtungen antragsberechtigt.

Previous Fallbeispiel: Erfolgreiche Qualifizierungsberatung